Hilpoltstein
Kurz & Kompakt
Nachweislich ab dem 11. Jahrhundert stand bereits eine Burg auf dem Sandsteinfelsen über der Stadt Hilpoltstein. Ihre Blütezeit erlebte sie unter Herren von Stein im 13. und 14. Jahrhundert, deren männlicher Leitname Hilpolt schließlich der Stadt ihren Namen gab. Letzte Bewohnerin war Dorothea Maria, Witwe des Pfalzgrafen Ottheinrich ll. von Neuburg-Sulzbach, welche die Burg vor ihrem Einzug im Jahre 1606 zu einer zeit- und standesgemäßen Renaissance-Schlossanlage umbauen ließ. Nach ihrem Tod im Jahre 1639 verfiel der ungenutzte Komplex, und diente schließlich ab 1700 als Steinbruch. 1972 kam die Burg in den Besitz des Landkreises Roth, der ab 1989 umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vornehmen ließ.
In heutiger Zeit steht die Burg in den Sommermonaten interessierten Besuchern zur Besichtigung und bei Führungen offen. Alljährlich im Mai findet das Mittelalterfest „Ritter – Barden – Beutelschneider“ auf dem Burganger in historischem Ambiente statt. Im August steht der obere Burghof ganz im Zeichen des Burgspieles, den traditionellen Theateraufführungen im Rahmen des jährlich stattfindenden Burgfestes.
Um das imposante Bauwerk mit einer zeitgemäßen wie auch authentisch und anziehend wirkenden Beleuchtung zu versehen, erarbeiteten die Lichtplaner Georgios Paissidis und Iva Vassileva ein neues Beleuchtungskonzept, welches im Jahr 2020 von der LMT GmbH umgesetzt wurde. Die offizielle Eröffnung findet Anfang Oktober 2020 statt.
Das Projekt in Zahlen
YECTO-Strahler
Leuchten- und Montagetypen
Pixellicht
Lichtszenen mit PICOlightnode
Projekt: Nachtlandschaft Burgruine Hilpoltstein
Visual
Nachgefragt…
Was war die Ausgangsbasis für das Projekt?
Die Burgruine Hilpoltstein ist aufgrund des aus der weiten Ferne dominierenden Bergfriedes das unumstrittene Wahrzeichen der Stadt Hilpoltstein.
Trotzdem geht die vorgelegte Lichtplanung über die gewohnte Verstärkung der Fernwirkung einer Sehenswürdigkeit bei Nacht hinaus, mit der Absicht, die Burgruine zum Ziel eines attraktiven Spazierganges durch die Stadt zu gestalten.
Somit fordern die Erwartungen für ein gemütliches Verweilen an der Burg besondere Aufmerksamkeit für die Gestaltung des entsprechenden nächtlichen Nahbildes der Burgruine. Schließlich bietet sich der stadtgeographische Standort der Burgruine für ihre Integration in den erlebbaren öffentlichen Raum bei Nacht an.
Wie war die beleuchtungstechnische Herangehensweise?
An die Beleuchtung der Burgruine wurden folgende Qualitätskriterien gesetzt:
- Verträglichkeit mit der Ruinentypologie
- Verträglichkeit mit der erwünschten Nachtstimmung im öffentlichen Raum
- Verträglichkeit mit dem geschichtlichen Hintergrund und der Materialität
Um dem ersten Kriterium gerecht zu werden, wird auf eine gleichmäßig verteilte flächenhafte Beleuchtung verzichtet und stattdessen eine selektive und örtlich variierende Beleuchtung herangezogen. Die inszenierte «Mangelhaftigkeit» der Beleuchtung ist im Einklang mit den Alterungserscheinungen der Burgruine und wird … zum Mittel ihrer Hervorhebung. Hierzu tragen sowohl das meistens angewandte skulpturelle Streiflicht, welches die Mauer in ihre einzelnen Steine demonstrativ auflöst, als auch die Palette der warmen aber beabsichtigt nicht einheitlich getönten Lichtfarben bei.
Die Bewahrung der Nachtstimmung dient nicht nur der chronobiologischen Zeitgerechtigkeit der Stadtbeleuchtung im Sinne der Anforderungen des Human Centric Lighting. Sie ist zugleich eine wesentliche Komponente der Sagenhaftigkeit der Burgruine, deren mythologisches Potential sich eher in der Nacht ambienteempfindungsmäßig entfaltet. Der Nachtverträglichkeit der Beleuchtung dient auch eine vorgesehene Lichtsteuerung, welche für die aufeinanderfolgenden Nachtphasen sukzessiv abklingende Lichtszenen vorsieht.
Um das letzte Kriterium zu erfüllen, wurde auf die Verschleierung der Technologie geachtet und insbesondere auf die Verwandheit der auftretenden Lichtfarben mit dem Spektrum der Lichtfarben mittelalterlicher Leuchtmittel (Fackel, Kerze, etc.). Diese werden im Zusammenhang mit den spektralen Reflexionseigenschaften des Sandsteins der Ausgangspunkt des Auftauchens glühender Rottöne. Das Zittern der Flamme in der Höhle des dominantesten Fundamentgesteines auf der Ostseite der Burgruine ist als Schlüsselgeste für ein spontanes Ablesen eines wahrhaftigen Glühens im Sinne der Gestalttheorie vorgesehen.
Wie wurden diese Ziele schließlich umgesetzt?
Um die beabischtigte Wirkung zu erzielen, wurden insgesamt 58 Leuchten nach Vorgabe des Lichtplaners in unterschiedlichen Ausführungen rund um die Burgruine und in den Burghöfen angeordnet.
Die meistverwendeten Leuchtentypen dabei waren Strahler vom Typ YECTO 3.R, YECTO 1.R, sowie YECTO .one. Des Weiteren kam im Felsschlitz ein Pixellicht zum Einsatz, bei dem LED für LED einzeln angesteuert werden kann, um z.B. Farbverläufe innerhalb der Leuchte zu realisieren.
Die bereits vorhandene Lichttechnik der LMT-Werfer des Typs YECTO wurde modifiziert und speziell auf die Bedürfnisse der warmtonigen und mit rot-orangefarbenen Tönen „rostig“ wirkenden Beleuchtung ausgelegt. Dabei war von Vorteil, dass für die YECTO-Strahler mit ihren Hybridoptiken bzw. Glaslinsen sehr einfach verschiedene Ausstrahlcharakteristiken realisiert werden können. Speziell entwickelte LED-Platinen liefern das „rostige“, die Sandsteinfarben verstärkende Licht in den verschiedenen erforderlichen Nanometer-Bereichen. Große Bodeneinbautanks dienen der Wasserdichtheit und Begehbarkeit der Leuchten und bieten Raum für die benötigten Anstellwinkel der Werfer.
Zudem war eine Dimmbarkeit und automatisierte Funktionsweise der Leuchten gewünscht, so dass die Illumination der Burganlage automatisch bei Sonnenuntergang startet, um mit fortschreitender Nacht sukzessive herunterzufahren. Ab 23:00 Uhr muss von Gesetzes wegen die öffentliche Fassadenbeleuchtung komplett ausgeschaltet werden, so dass nur noch die Laibungslichter in den Fensteröffnungen sowie die Fahnenbeleuchtung auf der Turmspitze für die Fernwirkung bis in die Morgenstunden bestehen bleibt. Mit einsetzender Tagdämmerung verlöschen dann auch diese automatisch. Um dieses Standard-Setup und weitere Steuermöglichkeiten wunschgemäß und auch flexibel umsetzen zu können, kam die LMT-eigene Lichtsteuerung PICO lightnode zum Einsatz. Diese arbeitet bei Bedarf autark, so dass der Nutzer sich keine Gedanken über zentrale Steuersysteme zu machen braucht. Über individuelle Lichtkurven können Dimmkurven eingestellt werden, die abhängig von Zeit, Umgebungslicht oder auch Sonnenstand am spezifischen Einsatzort programmiert werden.
Projektbeteiligte
Auftraggeber
MUH Museums- und Heimatverein Hilpoltstein e.V.
Lichtplaner
Georgios Paissidis, Iva Vassileva